SWR analysiert die Wirtschaftslage und sucht nach Lösungen

Erweiterte Bezirksausschusssitzung des Bezirks Bozen/Unterland

Im Bild (v.l.): SWR-Bezirkspräsident Bozen/Unterland Andreas Widmann, Präsident der Agentur für Vergabe von öffentlichen Arbeiten Thomas Mathà, LVH-Präsident Gert Lanz, Landesrat Florian Mussner, Landesrat Thomas Widmann, Präsident des Baukollegiums Thomas Ausserhofer, Präsident der Bezirksgemeinschaft Überetsch Unterland Oswald Schiefer

„Der ständig steigende Steuerdruck, die teilweise absurden bürokratischen Auflagen und die sich permanent ändernden gesetzlichen Bestimmungen im Steuerrecht, machen den Unternehmern genauso zu schaffen, wie die in vielen Branchen schwierige Auftragslage“, das sagte der SWR-Bezirkspräident des Bezirks Bozen/Unterland Andreas Widmann am Beginn der erweiterten Bezirksausschusssitzung am Dienstag, den 12. Juni 2012, in der Aula Magna in Auer.

Zustimmung erhielt Widmann vom Präsidenten der Bezirksgemeinschaft Überetsch Unterland Oswald Schiefer, der in seinen Grußworten auch betonte, dass die Unsicherheiten der öffentlichen Verwaltung bei der Auftragsvergabe und die komplizierten Vorgaben für die aktuelle Situation keineswegs förderlich seien. Im Anschluss informierten Politik, Verbandsvertreter und Experten.
Steuerdruck
Den Auftakt machten der WIFO-Mitarbeiter Luciano Partecini und Landesrat Widmann zum Thema „Der Steuerdruck auf die Unternehmen nimmt zu. Ist die Steuerautonomie der Ausweg?“. Während Partecini die Unersättlichkeit des römischen Fiskus mit Zahlen untermauerte, stellte Landesrat Widmann nochmals seine Idee vom „Freikauf“ Südtirols vor. „Insgesamt hat der Staat über 1.900 Milliarden Euro Schulden. Pro Kopf auf Südtirol umgerechnet, hat jeder Südtiroler 30.000 Euro Schulden, was auf ganz Südtirol umgelegt Kosten von rund 15 Milliarden Euro ausmachen würde. Wenn man aber weiß, dass Südtirol ein BIP von 18 Milliarden Euro hat, dann wäre man bei der Zahlung der gesamten 15 Milliarden zwar verschuldet, aber in einem ähnlichen Ausmaß wie Deutschland oder Österreich. Und diese Länder gehören zu den Besten in Europa“, betonte der Landesrat und rät dem Land sich drauf vorzubereiten. Was hingegen die Steuerhoheit betrifft, ist der Landesrat überzeugt, dass Südtirol dieses Ziel konsequent verfolgen und die zähen Verhandlungen in Angriff nehmen müsse. „Derzeit haben das viele noch nicht verstanden, aber wenn der Leidensdruck noch größer wird, steigt die Bereitschaft sich mit einem politischen Großprojekt, wie der Finanzautonomie konkret auseinanderzusetzen“, so der Landesrat. Außerdem müsse Südtirol sich an den erfolgreichen Wirtschaftsräumen im Norden orientieren und nicht am Gesamtstaat.
Sinkende Auftragslage
Das zweite Thema des Abends, „Die sinkende Auftragslage im Bau. Was ist zu tun?“, leitete WIFO-Mitarbeiter Martin Trapin ein und präsentierte zunächst Daten, Zahlen und Fakten zur allgemeinen Wirtschaftslage im Unterland, wobei er mit Ausnahme des Einzelhandel und des Tourismus ein sehr positives Bild von der Wirtschaft im Bezirk zeichnete. Landesrat Mussner ging dann auf die Krise in der Bauwirtschaft ein. Er warb dafür „Großprojekte nicht immer schlecht zu reden, denn Sie kommen schlussendlich nicht nur der Wirtschaft sondern allen zugute“. Als Beispiel nannte er den Brennerbasistunnel. Er stellte jedoch klar, „dass das Land nicht das kompensieren kann, was an Aufträgen von privaten Bauherren wegfällt.“ Im Anschluss wurden Thomas Ausserhofer, Präsident des Baukollegiums, und LVH-Präsident Gert Lanz nach geeigneten Maßnahmen für die schwächelnde Bauwirtschaft befragt. Ausserhofer betonte, dass das Land in der Gesetzgebung auf Rechtsicherheit achten müsse, dass es für die Unternehmer gelte mehr auf Zusammenarbeit zu bauen, Qualität zu garantieren und sich nicht gegenseitig zu unterbieten und das Land gemeinsam mit den Banken nach geeigneten Maßnahmen zu Sicherung der Liquidität suchen müsse. Lanz hingegen nannte die Sanierungen alter Bausubstanz und Märkte außerhalb Südtirols als Chance. Eine Herausforderung hingegen sei es, dass auch kleine Betriebe sich Standards zurechtlegen müssen, um noch effizienter zu arbeiten.
Bei der darauffolgenden Diskussion standen die verschiedenen Vertreter den Unternehmerinnen und Unternehmern Rede und Antwort, wobei der Präsident der neuen Agentur für Vergabe von öffentlichen Arbeiten Thomas Mathà die Gelegenheit nutzte, um die Agentur vorzustellen.
Am Schluss resümierte SWR-Bezirkspräident Andreas Widmann, „dass Südtirol vollkommen auf sich alleine gestellt ist. Daher müssen wir uns selbst helfen und auf allen Ebenen kooperieren: Unternehmen, Verbände, Politik. Außerdem ist festzustellen, dass sich die Politik zwar langsam der Probleme des Wirtschaftsstandortes bewusst wird, es aber einen Paradigmenwechsel braucht: Die fixe Größe sind nicht die öffentlichen Haushalte, sondern die Belastungsgrenze für Bürger und Unternehmen und diese ist erreicht. Daher müssen alle Ausgaben auf den Prüfstand um Spielräume zu schaffen für Investitionen, die der Wettbewerbsfähigkeit zugute kommen“, so Andreas Widmann.

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Author: SWR