Gesetzliche Verankerung von Kurtaxe und Tourismusabgabe derzeit nicht zu verantworten
Ab 17. April 2012 befasst sich der Südtiroler Landtag mit dem Landesgesetzentwurf zur Finanzierung im Tourismus und entscheidet über die Einführung einer Kurtaxe und Tourismusabgabe. Die Politik wirbt derzeit eifrig dafür, der Widerstand der Wirtschaftstreibenden aber wächst, so auch im Pustertal.
Es war vergebliche Liebesmühe als der Landeshauptmann kürzlich bei einem Treffen mit der Pusterer Wirtschaft versuchte dieser die Kurtaxe und Tourismusabgabe schmackhaft zu machen, indem er meinte, dass beide Abgaben nicht das Land kassiere und es sich deshalb nicht um eine Steuer handle. „Wenn per Gesetz ein Betrieb verpflichtet wird Abgaben zu zahlen, dann ist das – unabhängig davon, wer der Empfänger ist – eine Steuer“, erklären SWR-Bezirkspräsident Philipp Moser und Thomas Walch, Obmann des HGV-Bezirkes Pustertal/Gadertal und SWR-Bezirksvizepräsident. „Wir appellieren an die Politik von der Einführung zusätzlicher Steuern abzusehen. In der aktuellen Situation eine Kurtaxe und Tourismusabgabe gesetzlich zu verankern, ist nicht zu verantworten“, so Moser und Walch.
Nachdem im Schlussquartal 2011 das italienische Bruttoinlandsprodukt zum zweiten Mal in Folge zurückging, befindet Italien sich offiziell in der Rezession und nun zittert der Staat vor dem Szenario der Stagflation, also der stagnierenden Wirtschaftsleistung bei steigenden Preisen. „So müssen wir seit dem 1. April für Strom und Gas schon wieder tiefer in die Tasche greifen und die Preise für Treibstoffe sind ebenfalls auf Rekordhoch“, sagen die beiden Pusterer SWR-Vertreter. Hinzu kommt die wachsende Steuerlast. „Wenn am 16. Juni die erste Rate der neuen Gebäudesteuer IMU fällig ist, wird es für viele ein böses Erwachen gegeben, da doppelt oder gar dreifach so viel zu zahlen ist, wie mit der alten ICI.“ Doch was haben diese veränderten Rahmenbedingungen mit der Kurtaxe und Tourismusabgabe zu tun? „Wenn das Land eine zusätzliche Steuer in Form einer verpflichtenden Tourismusabgabe einführt, dann geht unsere ohnehin schon verminderte Wettbewerbsfähigkeit noch weiter zurück“, sagt Moser. „Was hingegen die Kurtaxe betrifft, so handelt es sich dabei um einen Faktor, der den Zimmerpreis weiter erhöht. Aber es ist uns schon jetzt nicht möglich, die gesamten Kostensteigerungen durch eine Erhöhung des Zimmerpreises aufzufangen; wir wären damit schlichtweg außer Konkurrenz, geschweige denn, wenn die Kurtaxe noch dazukommt“, erklärt Hotelier Thomas Walch.
Situation der Tourismusorganisationen nicht so dramatisch
Für Moser und Walch ist die Situation der Tourismusorganisationen nicht so dramatisch, als dass Kurtaxe und Tourismusabgabe gerechtfertigt sind. „Aktuell gibt es 2 Kurverwaltungen, 11 Tourismusverbände und 80 Tourismusvereine; in finanziellen Schwierigkeiten sind aber nur 11 Tourismusvereine. Genau hier gilt es anzusetzen. Es kann nicht sein, dass man Feuer mit Benzin löschen will, wo jeder weiß, dass es dann noch mehr brennt.“ Vielmehr regen Moser und Walch an, eine längst fällige Strukturdiskussion zu führen. „Sind unsere Tourismusorganisationen noch zeitgemäß, entsprechen sie den Bedürfnissen des Marktes, wo gibt es Einsparungspotential und Synergien? Diese Fragen sind zuerst unter Einbeziehung der Betroffenen zu klären, dann ist der Finanzbedarf zu analysieren und erst wenn das geschehen ist kann über weitere Mittel – sofern dann überhaupt noch notwendig – diskutiert werden“, sagen der SWR-Präsident und -Vizepräsident des Pustertals.