Kürzlich trafen sich Vertreter der sechs größten Wirtschaftsverbände Südtirols in der Firma Tanzer Maschinenbau in Lana, um sich im Rahmen einer Bezirkssitzung des Südtiroler Wirtschaftsrings über neue Konzepte des leistbaren Wohnens auszutauschen. Zu Gast waren die Vizebürgermeisterin aus Meran, Katharina Zeller, Leonhard Resch vom Verein Arche im KVW sowie Michael Reifer vom Netzwerk Innovalley in Brixen.
Das Thema leistbares Wohnen ist mittlerweile auch für die Wirtschaft ein zentrales Thema. Allein aufgrund des demografischen Wandels und aufgrund der Tatsache, dass in den nächsten Jahren die sogenannten Babyboomer in Pension gehen werden, fehlen laut Berechnungen des Arbeitsmarktservices in den kommenden 10 Jahren an die 30.0000 Arbeitskräfte. „Es ist so schon schwer genug für die Wirtschaft neue MitarbeiterInnen zu finden. Der Mangel an leistbarem Wohnraum führt zu einer zusätzlichen Verschärfung dieser Situation. Daher ist man im Südtiroler Wirtschaftsring bemüht, neue Konzepte für leistbares Wohnen zu finden, um dieser Problematik zumindest ein wenig entgegenzuwirken“, sagt Bernhard Burger, Präsident des SWR-Bezirksausschusses Burggrafenamt.
Die Vizebürgermeisterin von Meran, Katharina Zeller, sprach von einem großen Potential in Form von versiegelten Flächen und Bestand, welche zur Schaffung von leistbarem Wohnraum genutzt werden könnten. Sie bezog sich dabei auf den Masterplan 2015 für die Stadt Meran, welcher gewisse Gewerbezonen vorsieht, die in Wohnzonen umgewandelt werden sollten. Es handle sich dabei laut Zeller um Gewerbegebiete, die mittlerweile dicht besiedelt sind und wo daher eine Co-Existenz von Betrieben und Bewohnern sehr schwierig ist. Wenn die Gemeinde diese Gewerbegebiete in Wohnzone oder Mischzone umwandeln würde, so müsste der Eigentümer einen Teil des Mehrwertes per Gesetz an die Allgemeinheit zurückgeben. Als Stadtregierung habe man laut Zeller hier noch nicht eine Entscheidung getroffen, was mit diesen Arealen passieren soll. Laut Zeller habe man als SVP-Meran jedoch die Entscheidung getroffen, dass man sich dafür einsetzen wird, dass in diesen Arealen das leistbare Wohnen im Vordergrund stehen wird. Man wolle die Zusammenarbeit mit den Eigentümern nutzen, um leistbaren Wohnraum zu schaffen, so Zeller.
Zudem wurde das 30 ha große Kasernen Areal angesprochen. Aus Zellers Sicht sollten im Kasernenareal nicht auch noch neue Wohnungen geschaffen werden, da Untermais schon sehr dicht besiedelt sei. Die Wohnareale sollten daher primär in den besagten Gewerbegebieten entstehen. Im Kasernenareal sollte hingegen viel Fläche für die öffentliche Nutzung reserviert werden, da es Freiflächen brauche, so die Vizebürgermeisterin von Meran. „Es gibt in Untermais wenig Grünflächen. Zudem gibt es die Chance einen neuen Schwerpunkt für die Stadt zu setzen. Etwa eine Universität oder ein Innovationszentrum. Es braucht hier eine Denkwerkstatt, wo alle eingeladen werden, mitzudenken“, so Katharina Zeller.
Die Wirtschaftsverbände teilten das Prinzip, dass man zunächst versiegelte Flächen und Bestand für die Schaffung von neun Wohnraum nutzen sollte, bevor man auf der grünen Wiese neu baut. Laut den Vertretern der Wirtschaftsverbände müsse die Zusammenarbeit der Gemeinde mit privaten Grundeigentümern so gestalten werden, dass diese auch einen Anreiz haben, ihre Flächen umwandeln zu lassen. Man müsse hier ein gutes Gleichgewicht finden, damit einerseits leistbarer Wohnraum geschaffen werden kann, es aber andererseits für die privaten Eigentümer noch wirtschaftlich attraktiv bleibt. Ansonsten würde das Konzept nicht funktionieren. Zudem wies die Vereinigung der Südtiroler Freiberufler darauf hin, der Gemeindepolitik mehr Mut zuzusprechen die Baudichte zu erhöhen, indem mehr in die Höhe gebaut wird, dort wo es möglich ist.
Leonhard Resch von der Arche im KVW stellte im Anschluss sein Konzept von einem Mehrgenerationenhaus als Teil der Lösung vor sowie ein Konzept von Wohnungen mit Preisbindung. Zielgruppe solcher Mehrgenerationenhäuser seien Studenten, Familien, Senioren, Angestellte oder Auszubildende, welche Interesse an einem sozialen Wohnprojekt haben, wo man sich hin und wieder gegenseitig aushilft und es Gemeinschaftsräume gibt. Es gehe dabei nicht darum, dass junge Menschen alten Menschen pflegen sollen. Zudem sollten diese Wohnungen zum Landesmietzins angeboten werden und auf bestehenden Flächen wie etwa auf geförderten Bauzonen oder leer Stehenden Kasernenarealen errichtet werden. Als Träger wären gemeinnützige Träger wie etwa Genossenschaften oder Stiftungen vorgesehen und die Finanzierung würde sich aus 25% Gesellschaftsanteil, 25 % Fremdfinanzierung sowie 50% Prozent Landesbeitrag zusammensetzen.
Michael Reifer vom Netzwerk Innovalley berichtete von einem städtebaulichen Entwurf für das Kasernenareal in Brixen, welcher von Studenten der TU-Innsbruck in Zusammenarbeit mit Innovalley entworfen wurde. Es geht dabei um ein Konzept für Mitarbeiterwohnungen in einem gemischten Areal, wo man Wohnraum mit tertiären Nutzungen wie z.B. Gastro und Handel sowie mit verträglichen produktiven und handwerklichen Nutzungen in Einklang bringen will. Zusätzlich sollen auch Kitas und Einrichtungen für Coworking geschaffen werden, um die Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu fördern. Das Konzept sieht eine Verdichtung in Verbindung mit der Schaffung von ausreichenden Grünflächen und modularen Bauweisen vor. Es soll ein Quartier werden und nicht nur Wohnraum, so Michael Reifer. Leistbar soll das ganze werden, indem bestimmten Investoren Oberflächenrechte eingeräumt werden, um darauf bauen zu können. Als Anreiz dafür, leistbaren Wohnraum anzubieten, zahlen die Investoren für das Oberflächenrecht weniger, für den Fall, dass sie eben diesen leistbaren Wohnraum anbieten.
Der Geschäftsführer des Südtiroler Wirtschaftsrings, Roman Fuchs, bedankte sich bei dieser Gelegenheit beim scheidenden Bezirkspräsidenten Bernhard Burger (SBB), der an diesem Abend seine letzte Sitzung als Bezirkspräsident des SWR-Bezirksausschusses Burggrafenamt leitete. Ab dem Jahr 2024 wird Adi Erlacher vom Handels- und Dienstleistungsverband diese Aufgabe für die kommenden zwei Jahre übernehmen.